Wie läuft eine Souljourney-Sitzung ab?

Jede Sitzung besteht aus einem Vorgespräch, einer Entspannungsphase, an die sich die Imagination anschließt und einer Nachgestaltung mit dem Nachgespräch. Eine Sitzung dauert insgesamt ca. 90 min.

Im Vorgespräch berichtet die Klient*in über ihr Thema und die damit verbundenen Gedanken und Gefühle sowie über das Ziel der Sitzung. Daraus wird der Fokus für die Imaginationsreise entwickelt. Dieser kann ein bestimmtes Motiv wie z.B. Blume, Wiese, Berg, Bach oder Haus sein oder ein vorherrschendes Gefühl, das aufgegriffen wird, wie z.B. die Traurigkeit oder Wut als Landschaft oder auch ein Sprachbild, wie z.B. im Hamsterrad sein, den roten Faden wiederfinden, vor Freude hüpfen, usw.. Der Fokus unterstützt einerseits dabei, Vorstellungen und Bilder anzuregen und aufsteigen zu lassen. Andererseits bietet der passend gewählte Fokus die Grundlage dafür, dass sich das individuelle Thema der Klient*in in der Imagination optimal entfalten kann.

Nach dem Vorgespräch kann es sich die Klient*in bequem machen und eine kurze Entspannung genießen, damit Körper und Gedanken zur Ruhe kommen. Dadurch entsteht eine leichte Trance. Nun nennt die Begleiter*in den Fokussatz, wie z.B. “Stelle dir eine Wiese vor” oder “Stelle dir vor, dein Hamsterrad zu erkunden” und die Imagination (die innere Reise) beginnt. Sobald die Klient*in etwas vor Augen hat, berichtet sie davon. Die Begleiter*in unterstützt diesen Prozess durch einfache, nondirektive, nonsuggestive Fragen und Interventionen. Dadurch treten die inneren Bilder deutlicher hervor, können mit allen Sinnen erkundet bzw. erfühlt werden und entwickeln sich auf diese Weise aus sich selbst heraus weiter, wodurch es zu einer Verarbeitung und Wandlung kommt.

Nachdem die Begleiter*in die Klient*in dabei unterstützt hat, ihre Reise zu einem Ende zu bringen und wieder gut ins Hier und Jetzt zurückzukommen, hat die Klient*in die Möglichkeit, ein Bild zu malen. Das Bild ist die Grundlage für das nun folgende Nachgespräch. Durch hilfreiche Fragen regt die Begleiter*in einen Assoziationsprozess an, so dass sich der Klient*in die Bedeutung ihrer inneren Reise erschließen, sie das neu Gewonnene verarbeiten und in den Alltag integrieren kann.

Herr Unos Souljourney

Herr Uno möchte an seinem Selbstwert arbeiten. Als Manger durchaus erfolgreich, fühlt er sich dennoch oft unsicher, seine Meinung zu äußern und hat Angst, dass er andere damit verärgern könnte. Gleichwohl ist ihm bewusst, dass seine Befindlichkeiten und Sichtweisen nicht unannehmlicher sind, als die anderer.

In der Imagination stellt er sich seinen Selbstwert als Symbol vor: Ein großer silbriger Anker in einem Kreis taucht auf, gefolgt von einem Bild vom bewegten, nächtlichen Meer. Die Wolkendecke geht auf, so dass sich der Mond silbern auf der Meeresoberfläche spiegelt. Der Wind nimmt immer mehr zu und wächst sich allmählich zu einem Sturm aus, der die Wellen immer größer werden lässt. Er spürt stark das Hin und Her in dieser stürmischen See, empfindet es jedoch nicht als bedrohlich. “Es ist einfach.” Felsen tauchen auf und das Ende der Welt: das Wasser stürzt in die Tiefe. Es wirbelt und tänzelt an verschiedenen Strängen. “Wonach ist Dir jetzt?” fragt die Begleiter*in nach einer Weile und Herr Uno antwortet “Ich dreh mich einfach mit… das fühlt sich so befreiend an, wie loslassen.” Er beschreibt Wirbel und Fischschwärme. Mal ist er unter, mal über der Wasseroberfläche. “Die Bewegung ist so unglaublich angenehm. So befreiend.” Dann bemerkt er, dass er an einen weichen Sandstrand gespült ist. Dort liegt er entspannt, während die Dynamik des Wirbelns noch durch seinen Körper geht. Langsam geht die Sonne auf und der Tag kommt mit seiner Buntheit, mit lebendigen Tagesfarben, ganz weich und warm. Der Ort wirkt wie eine Insel im Ozean, mit einer Lagune, einem Gebirge im Hinterland und satt grünen Palmenwäldern. Es überkommt ihn die Sehnsucht, wie ein Vogel über die Insel zu fliegen (“Geht das?”) und er sich plötzlich in einem Vogelschwarm hoch oben freudig kreisend und mit den anderen harmonisch wirbelnd erlebt. Alles ist hell und sonnig und schön grün unter ihm. “Ach, ich fühle mich so frei und weit.” Die Reise klingt aus, indem er sich wieder als Mensch am Strand im warmen Wasser in der Gesellschaft anderen Menschen erlebt.

Im Nachgespräch spricht er von den verschiedenen Anteilen, die ihn ausmachen: mal ist er wie die Nacht, das große weite Meer und auch wie der Sturm auf der linken Seite des Bildes – auf der das Silber des Mondes und das Schwarz der Nacht überwiegen. Und mal ist er wie der Tag. Die Gedanken fliegen dann und kommen zurück auf die Erde und verbinden sich neu mit den Menschen und dem Leben – ausgedrückt durch die bunten Farben der Landschaft auf der rechten Seite. Ebenso erkennt er darin seine melancholische, introvertierte (linke) und seine lebensfrohe, extrovertierte (rechte) Seite. Jetzt fühlt er sich erleichtert und zugleich bestärkt, denn er hat das Gefühl, in diesen zwei Seiten etwas Wesentliches und Wertvolles über sich entdeckt zu haben. Auch der Anker tut ihm gut dabei, weil er den Eindruck hat, er verleiht seinen zwei Seiten ein sicheres Gleichgewicht.

Diese Sitzung fand im Rahmen von mehreren Einzelsitzungen statt. Herr Uno suchte die Praxis sporadisch auf, um sich immer wieder einzelnen Themen gezielt zuzuwenden.

Frau Unas Souljourney

Frau Una möchte sich einer Blockade zuwenden: Zwar entwickelt sie als Selbstständige mit viel Knowhow, Kreativität und Freude immer wieder erfolgsversprechende Projekte. Doch wenn es an die Umsetzung geht, fühlt sie sich plötzlich unsicher und hat den Eindruck, dass sie tief drinnen sogar erleichtert ist, wenn es nicht zur Realisierung kommt. Sie fühlt sich dann “wie in einer Blase”, aus der sie gar nicht raus will.

Mit dem Fokus “Erkunde deine Blase” steigt sie in die Imagination ein. Sie hat das Gefühl, selbst in der Blase zu sein. Diese beschreibt sie als weich und ganz glatt. Die Außenwelt ist wie gedämpft und sie fühlt sich sicher und geborgen. “Wie alt bist da?” fragt die Begleiter*in. “Ganz klein. Das fühlt sich an wie im Mutterleib. Ich habe da noch viel Platz zum Wachsen.” So verweilt sie einige Zeit in diesem Gefühl, so geborgen im Mutterleib zu sein. Doch sie spürt auch, wie sie wächst und es enger um sie wird. Unbehagen steigt auf. Sie möchte da nicht raus. “Alles wehrt sich in mir. Ich will da drin bleiben.” Von außen sieht sie die Mutter im Krankhaus liegen. Kühles Neonlicht und gefliester Fußboden vermitteln ein Gefühl von Kälte. Die Ärztin neben der Mutter erlebt sie als hart und distanziert. Zugleich ist ihr, als wäre sie im Bauch der Mutter und kann das alles von drinnen wahrnehmen. Sie weint, weil sie “Angst vor der Kälte da draußen” hat. Das Weinen ist wie ein großes sich Wehren gegen das Geborenwerden, das unaufhaltsam geschieht. Als sie das Licht der Welt erblickt, spürt sie die eisigen Hände der Ärztin, die sie auf einen Tisch legt, um sie zu waschen und zu untersuchen. Sie sieht ihr kantiges Gesicht, die kurzen dunklen Haare, die schmalen Lippen – und dann die braunen Augen, die so traurig aussehen, als hätten sie selbst Schlimmes erlebt. Als lägen riesiger Schmerz und unendliche Sehnsucht darin. Da steigt plötzlich ein tiefes Mitgefühl mit dieser Ärztin auf und alles wird weich und warm. Daraufhin wechselt das Bild und sie erlebt sich im Arm ihrer Mutter, die sie fest an sich drückt und stillt. Mit dem Gefühl, sicher gehalten, geborgen und genährt zu sein, kommt sie ins Hier und Jetzt zurück.

Im Nachgespräch sitzt Frau Una lange schweigend und glücklich strahlend vor ihrem Bild, so als würde sie es in sich aufnehmen. Dann sagt sie “genau so hätte es sein sollen” und erzählt von ihrer Geburt: dass sie nur weiß, dass sie damals eingeleitet wurde, da sie schon “über den Termin gewesen sei”. Sie ahnt plötzlich, dass darin ein Grundthema, eine Grundangst vorm Leben geprägt wurde. Sie versteht, warum es da in ihr eine Kraft gibt, alles Neue und Bevorstehende zu vermeiden und versucht, im Alten zu verharren. Doch das Erleben in der Imagination, von der Mutter letztlich so liebevoll gehalten und gestillt worden zu sein, gibt ihr neuen Trost, Mut und Lebensfreude. Zugleich weiß sie, dass ihre Mutter sie im realen Leben nicht gestillt hat. Aber sie ahnt auch, dass sie es gern getan hätte und empfindet dieses Bild wie eine heile, unsichtbare Verbindung zu ihrer Mutter, die sie beide nährt.

Diese Sitzung war für Frau Una eine Schlüsselerfahrung, nach der sie keinen Widerstand gegen das Gelingen ihrer Projekte mehr spürte. Es war die 8. von 10 Sitzungen im Rahmen ihrer Persönlichkeitsentwicklung.